TRAVEL-DREAMS

... und sonst noch: Listinus Toplisten

Große Persien-Rundreise

von 10.05.1996 bis 29.05.1996

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9. Tag: Firuzabad - wo man den FC Bayern kennt

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Gur - die kreisrunde Stadt

Unser erster Weg an diesem Tag führte uns in die alte Stadt Gur. Gur wurde von Ardeschir I. nach seinem Sieg über Artabanus V. dem letzten Parther-Herrscher (224 n. Chr) gegründet. Das Die Stadt war kreisrund, was auf einen Parthischen Ursprung hindeutet. An Hand eines Hügelwalls, der den Verlauf der Stadtmauer zeigt, ergibt sich ein Durchmesser von 2,1 km. Es gab vier Stadttore in die vier Himmelsrichtungen. Das einzige was noch gut sichtbar von der Stadt übrig geblieben ist, ist der Minar, ein Rundturm genau im Zentrum von Gur. Mit einem Durchmesser von 10 m und einer Höhe von 30 m ist er in der weiten, flachen Ebene von Firuzabad nicht zu übersehen. Was heute noch steht ist wahrscheinlich nur der Kern eines Treppenturms mit etwa 20x20m Grundfläche.

Etwas weiter nördlich findet man die Reste eines Feuertempels aus vor-sassanidischer Zeit. Die Stadt scheint durch ein riesiges Feuer vernichtet wirden zu sein, denn man kann überall auf dem Boden Steinbrocken finden, die zum Teil mit einer Glasur überzogen sind, die ähnlich wie Glas aussieht.

Der Palast von Ardeschir I.

An der Straße nach Kale-e Dokhtar, ein paar Kilometer von Gur entfernt, liegt der ebenfalls von Ardeschir I. errichtete Palast. Während unseres Besuches wurde er gerade von deutschen Archäologen restauriert. Der Palast ist 103 m lang und 55 m breit. Die Mauern aus behauenen Steinen ist bis zu vier Meter dick. Man betritt den Palast durch einen riesigen Eiwan, ähnlich wie die Eingänge der Moscheen. Anschließend gelangt man in drei riesige Empfangsräume mit mächtigen Kuppeln. An den Wänden sind die Reste der Stuckverzierung zu erkennen, die darauf schließen lassen, wie prächtig der Palast ausgesehen haben muß. Im mittleren Kuppelraum ist der Übergang von Wand zur Kuppel durch typisch persische Trompen ohne Verstrebungen nur mit Ziegeln ausgeführt. Vom diesem mittleren Kuppelraum kommt man durch einen weiteren Eiwan in die Privatgemächer des Herrschers, die rund um einen rechteckigen Hof angeordnet sind. Der Hof ist mit einem Tonnengewölbe überdacht.

Der Palast liegt in unmittelbarer Nähe einer Quelle, die einen kleinen Teich mit Wasser versorgt. An Hand der Ausgrabungen stellte man fest, daß vor dem Palast ausgedehnte königliche Gärten lagen.

Die Bauweise des Palastes von Ardeschir I. hat die weitere Architektur in Persien geprägt. Es scheint, dass der Palast nicht nur Vorbild für die anderen sassanidischen Paläste war, sondern auch für alle anderen persischen Kuppelbauten inklusive der Moscheen sein könnte.

Die Burg Qale-e Dokhtar

Weiter ging es mit dem Bus zum Fuß eines Berges in der Tang-e Ab Schlucht. In der Hitze des Nachmittags machten wir uns über einen schmalen Pfad an den Aufstieg. Schade, dass die Seilbahn aus den 60er Jahren nicht mehr funktioniert. Gott sei Dank war es nach einer dreiviertel Stunde geschafft und wir wurden mit einem schönen Blick über die Ebene von Firuzabad belohnt.

Das war aber eigentlich nicht der Grund warum wir hier hinaufgestiegen sind. Es wartete die Burg Qale-e Dokhtar auf unseren Besuch. Übersetzt heißt das "Mädchenburg" oder "Schloss des Mädchens", aber etwas Mädchenhaftes war nicht zu entdecken. Die Burg wurde wahrscheinlich ebenfalls von Ardeschir I. Möglicherweise noch vor seinem endgültigen Sieg über die Parther erbaut. Das noch relativ gut erhaltene Zentralstück mit einem großen Kuppelraum hat eine Seitenlänge von 18 m, der über einen riesigen Ewan von 23x14m erreicht wird. Aufgefallen sind mir auch hier die sehr hohen Räume, nicht nur die Kuppelhalle, sondern auch die der anderen noch erhaltenen. Rund um diesen Bau findet man einige Befestigungsanlagen. Welchem Zweck die Burg diente, ist nicht genau geklärt, da es für eine bewohnte Burg praktisch keine Wohnräume gibt. Zur Zeit wird auch hier restauriert. Um den Zentralbau vor dem Einstürtzen zu bewahren wurde er mit Stahlseilen umwickelt.

Wir stiegen im Schweiße unseres Angesichts wieder ab und erkundeten noch auf der anderen Seite des schmalen Tales einige Felsreliefs mit den Darstellungen der Krönung Ardeschirs I. und seinen Siegen über Feinde. Die alte sassanidische Brücke über das kleine Bächlein ist noch sehr gut erhalten und benutzbar. Am Wegesrand begegneten wir zum Abschluß unserer Tagestour einer verwilderten Eselin mit ihrem Jungen. Ein paar der Mitreisenden wollte mit untauglichen Kameras das Paar aus der Nähe fotographieren, aber da nahmen die Esel schleunigst reißaus.

Der Lehrer von Firuzabad

Nach der Rückkehr zu unserem Übernachtungspatz vor dem Hotel Memasara konnten wir uns entspannen. Da es noch hell war, machten Ernst und ich noch einen Spaziergang durch die Stadt. Wir konnten unter anderem den Bäckern beim Backen des gut schmeckenden Fladenbrotes zusehen, das ganz modern in einem Durchlaufofen gebacken wird. Ich wollte noch Duschen und ging allein zurück zum Bus. Eine Weile später kam auch Ernst zurück und beim Abendessen erzählte er mit, er hätte einen Lehrer getroffen, der uns am Abend zu sich eingeladen hätte. Das liesen wir uns nicht entgehen. Pünklich zur vereinbarten Zeit stand er vor dem Hotel und erwartete uns beide. Wir gingen zu seinem Haus und auf dem Weg machte er noch einige Einkäufe. Was wir möchten wollte er wissen und wir meinten er solle sich keine Mühe machen, aber er war nicht davon abzubringen, für uns diverse Süßigkeiten und Früchte zu kaufen. Nach unserer Einladung in Isfahán waren wir gespannt, wie es im Haus eines Lehrers auf dem Land aussehen würde.

Zu Besuch bei der Lehrerfamilie

Dem Haus war wie allen von außen nicht anzusehen, was sich im Inneren verbirgt. Man kann nicht in die Gärten sehen, da die Grundstücke mit hohen Mauern umfaßt sind. Nach dem Betreten zogen wir unsere Schuhe aus, wie es sich gehört. Von einem Gang führten Türen in alle Zimmer. Als erstes zeigte uns unser Gastgeber die Küche, an der kaum ein Unterschied zu unseren zu sehen war, es war eine alltägliche Einbauküche mit allen notwendigen Geräten. Dann gingen wir ins Wohnzimmer. Das unterschied sich erheblich von europäischen und auch von dem, was wir in Isfahán gesehen hatten. Es gab keine Möbel. Der ganze Boden war mit schönen Teppichen ausgelegt, die, wie wir später im Gespräch erfuhren, von der Hausherrin selbst gefertigt waren. Rund herum an den Wänden lagen große Kissen, die wir gerne nutzten, um uns daran anzulehnen. Die Tochter des Lehrers brachte uns Tee und servierte die mitgebrachten Süßigkeiten und in einer großen Schale frische Maulbeeren. Wir saßen am Boden und unterhielten uns mehr oder weniger flüssig. Wir erfuhren, daß er aus der Volksgruppe der Gaschghai stammt, die zum großen Teil noch als Nomaden leben. Er erzählte uns, zur Zeit lebe er in Miete in dem Haus, er wolle sich aber ein eigenes bauen, was aber nicht so einfach sei. Es scheitere nicht am Grundstück, das wäre nicht so teuer, das Problem seien aber die Baustoffe. Als Lehrer verdiene er nicht soviel und darum müssen er und seine Familie noch sparen um das nötige Geld zusammenzubringen.

Seine Frau knüpft in ihrer Freizeit Teppiche, was zusätzlich Geld bringt. Dafür interessierten wir uns mehr und er zeigte uns in einem anderen Raum den Webrahmen und wie die Arbeit gemacht wird. Kurz darauf kam auch seine Frau, die aber im Hintergrund blieb. Seine Tochter zeigte uns stolz ihr Englischheft und was sie in der Schule lernt. Es überraschte uns, als wir erfuhren, daß Englisch die häufigste Fremdsprache in den Schulen ist, wo es bei uns doch immer in der Presse heißt, die Iraner wären so negativ gegen die USA eingestellt. Er versicherte uns, daß seiner Meinung nach die Iraner überhaupt nichts gegen Amerikanische Bürger hätten, ihnen paßt nur nicht der Stil, mit der sich die amerikanische und andere Regierungen in die Angelegenheiten des Landes mischen würden. Darum wären auch die Deutschen wesentlich beliebter, da sie Wert auf guten Handelsbeziehungen und kulturellen Austausch legen, sich aber in die Innenpolitik nicht einmischen würden. Natürlich wollten Sie auch etwas über uns erfahren und wir erzählten von unseren Familien.

Ernst, der schon häufig in fremden Ländern abseits der Touristenwege unterwegs war, packte Fotos seiner Familie aus, was, wie seine Erfahrung zeigte, immer zum Erfolg führt. Auch diesmal war das Interesse groß. Wir waren Gast in einem traditionellen Haushalt, das wurde uns bewußt, als die Dame des Hauses selbst auf Aufforderung von uns nicht aktiv an der Gesprächsrunde teilnahm. Die Familienfotos wurden ihr von ihrem jüngsten Sohn gebracht, da sie in etwa drei Meter Abstand Platz genommen hatte. Auch sie war Angehörige des Gaschghai-Stammes, sie trug nicht die schwarzen oder braunen Kleider der Iranerinnen, sondern die wunderschön gefärbten Stoffe der Nomaden. Wir unterhielten uns noch lange und verabschiedeten uns schließlich und bedankten uns sehr herzlich für die Gastfreundschaft und wurden von unserem Gastgeber sogar noch zu Hotel zurückgebracht.

Wieder hatten wir ein schönes Erlebnis im fremden Land mit sehr freundlichen Leuten. Wieder hat sich gezeigt, daß die negativen Schlagzeilen in der europäischen Presse nicht auf das ganze Land bezogen werden dürfen. Die normalen Menschen in allen Ländern wollen in Frieden miteinander Leben. Die wahren Kriegstreiber sind nur wenige, aber leider gewinnen die immer wieder die Oberhand.

Beim Bus war schon alles in den Kojen und es war eine ruhige angenehme Nacht.