TRAVEL-DREAMS

... und sonst noch: Listinus Toplisten

Große Persien-Rundreise

von 10.05.1996 bis 29.05.1996

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12. Tag: Kerman, durch die Wüste Lut und am Abend Sandsturm

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Die Freitagsmoschee

Heute hatten wir nochmal eine ziemlich lange Fahrstrecke zu bewältigen, mußten also sehr früh aufstehen. Es war 7:00 Uhr als es dann losging. Zunächst bewegten wir uns wieder Richtung Innenstadt von Kerman und besuchten dort die Freitagsmoschee. Sie erreicht man über eine schmale, mit Ziegelarkaden eingefaßte Straße. Am Ende der Straße steht man vor einer Fassade, die komplett mit feinem Fliesenmosaik verziert ist. Ursprünglich wurde die Moschee 1349 erbaut, im Laufe der Zeit aber von Safawiden und Quadjaren umgebaut und verschönert. Die einzelnen Baustile kann man bei den Ewanen erkennen. Der Westewan ist noch fast unverändert von 1349, der Südewan stammt aus der Safawidenzeit.

Die Derwischmoschee

Ein Stück weiter, vorbai an verschiedenen Händlern und Verkaufsständen steht das Mausoleum Gonbad-e Mustakije, eine Derwischmoschee. Das Gebäude mit den drei Kuppeln stammt aus quadjarischer Zeit und sitzen auf je einem Mauerring (Tombur) die durch Kacheln mit geometrischen Kufi-Inschriften geschmückt sind. In jeder der Kuppeln befindet sich eine Grabkammer, die mit sehr feinen Wandmalereien verziert sind.

Auf dem Rückweg zum Bus kamen wir an einer Metzgerei vorbei. Sie war sauber und das Fleisch hing an den gekachelten Wänden. Kühlregale gab es keine, aber ich denke das Lammfleisch war trotzdem frisch, zumindest sah es gut aus.

Über das Kuhha-ye Kuhpaye Gebirge

Den Rest des Tages verbrachten wir hauptsächlich im Bus. Die Strecke nach Ferdouz war bestimmt durch Landschaft pur. Zunächst durchquerten wir das fast 3.000 m hohe Kuhha-ye Kuhpaye Gebirge. Auch im Sommer sind die Gipfel mit Schnee bedeckt und liefern über ein ausgeklügeltes Kanalnetz Wasser in die Wüstenstädte.

Was ist ein Qanat ?

Die sogenannten Qanate sind eine Entwicklung der Perser, die sich im Laufe der Zeit über den ganzen Orient und bis nach China verbreitet hat. Das Prinzip ist einfach und es sind keine komplizierten Techniken erforderlich um ein solches Versorgungssystem anzulegen. Zunächst wird nach einem Platz am Fuße der Berge gesucht, wo es genug Wasser gibt. An dieser Stelle wird ein Brunnenschacht gegraben, um festzustellen ob sich auch genügend Wasser sammelt. Dann werden im Abstand von ca. 50 m Schächte nach unten gegraben, bis man auf eine wasserundurchlässige Erdschicht stößt. Die Schächte können bis zu 90 m tief sein. Der Aushub wird rund um das Loch wie ein Maulwurfshügel angehäuft. Das ist in der flachen Landschaft der einzige Hinweis, daß im Untergrund eine Wasserleitung läuft. Die einzelnen Schächte werden nun mit Tunnels von etwa 1 m Breite und bis zu 1,80 m Höhe verbunden. Da die Schächte immer vom Gebirge wegführen ergibt sich das nötige Gefälle in der Regel von alleine. Auf diese Weise entsteht ein unterirdisches Kanalsystem mit bis zu 70 km Länge. Legt man die einzelnen Qanate Persiens hintereinander soll dabei eine Gesamtlänge von 125.000 km zusammenkommen. Bis vor dem zweiten Weltkrieg gab es in Persien ca. 35.000 Qanate. Heute sollen es noch etwa 20.000 sein. Solange das Wasser nicht versiegt oder salzig wird, kann ein Qanat bis zu 100 Jahre alt werden.

Mittag in Darband

Zur Mittagspause erreichten wir die Wüstenstadt Darband am Fuß des 2438 m hohen Kuh-e Darband. Wie immer verläuft die Hauptstraße mitten durch den Ort, in dessen Zentrum eine große Straßenkreuzung liegt. In einem Lokal an der Straße nahmen wir Platz. Wie üblich gab es auch hier die 3 Standardgerichte, die auf einem Grill vor dem Lokal gebraten wurden. Mit der Menge Leuten hatte der Wirt aber scheinbar seine Probleme, ein Teil des Fleisches war zunächst nicht ganz durch und so gab es kleine Wartezeiten und Rainer wurde nervös, er hatte Angst, daß wir unser Ziel nicht vor Einbruch der Nacht erreichen würden.

Die Wüste Lut

Hinter der Stadtgrenze von Darband verliesen wir die Provinz Kerman, um uns die nächsten Tage in Khorasan aufzuhalten. Der erste Eindruck der Provinz war öde und heiß. Kein Wunder, wir waren dabei die Dasht-e Lut, die Wüste Lut, zu durchqueren. Laut Reiseführer gehört diese Wüste zu den Lebensfeindlichsten der Welt. Was früher wegen der Trockenheit und den tückischen Salzseen eine gefährliche Sache war und tagelang dauerte, ist heute in einem halben Tag zu schaffen. Hier fallen in der Regel weniger als 100 mm Regen im Jahr und die Tagestemperaturen sind im Sommer meist über 40° C im Schatten, wobei es Nachts im Winter oft auf 4-7° C abküht. Ein typisches Festlandklima.

Wir kamen vorbei an alten, verlassenen Karawansereien, in denen man zum Teil noch gut erhaltene Scherben der ehemaligen Bewohner finden kann. Vielleicht würden sich ja einmal ein paar Archäologen für diese Orte interessieren und so haben wir allen schön brav liegenlassen, im übrigen wäre es sowieso verboten gewesen etwas mitzunehmen. Wir kamen vorbei am Kuh-e Nayband, der mitten in der Wüste auf 2992 m in den Himmel ragt. Dabei muß man allerdings bedenken, daß die durchschnittliche Höhe des Wüstenplateaus schon zwischen 1.000 und 1.500 m liegt. Auffallend waren die vielen Militärposten, die wir auf unserem Weg sahen. Was die hier in der einsamen Wüste bewachen sollten war uns völlig schleierhaft. Zusätzlich waren neben der Straße viele Gruben zu sehen, die ziemlich genau die Maße von Panzern hatten. Tari, unser persischer Begleiter erzählte, daß im Krieg gegen den Irak deren Luftwaffe bis hierher gekommen sei und darum die Gräben zum Schutz der Autos und Lkws vor Luftangriffen ausgehoben wurden. Naja, möglich wär's ja.

Bei einer der Pausen, die wir auf der Strecke eingelegt hatten, gab es dann eine Brotzeit. Wir hatten Gelegenheit uns die Füße zu vertreten und das nutzte ich, mich in der Wüste umzuschauen. Obwohl die Wüste Lut so lebensfeindlich ist, ist auch hier nicht alles totes Land. Außer dort wo Sanddünen alles Leben ersticken, gibt es überraschend viele Pflanzen. Da es noch Frühling war und Nachts ein wenig Tau auf den Blumen entsteht, gab es sogar noch Pflanzen die Blüten trugen. Erstaunlich, wie schön die Blüten sind. Ich kratzte mit einem Stöckchen an einer windgeschützten Stelle noch meine Namen und das Datum 21.05.1996 in den Sand und fuhren weiter.

Mit Vollgas nach Ferdous

Als wir die Stadt Deyhuk erreichten hatten wir noch immer mehr als 100 km vor uns. Da es auf dem Weg durch die Salzwüsten kaum nennenswerte Hindernisse gibt, können die Straßen schnurgerade gebaut werden. Wie schon erwähnt, ist der Zustand der Straßen außerordentlich gut. Gerhard, unser Busfahrer nutze das reichlich aus. Ich weis bis heute nicht, wie schnell man auf persischen Straßen fahren darf, aber in Deutschland hätte es einen ordentlichen Strafzettel gegeben.

Am späten Nachmittag erreichten wir dann unser Ziel, die Wüstenstadt Ferdous, am Fuß des Kuh-e Esger Gebirges. Die Wüstendurchquerung war geschafft und geschafft von der Hitze waren auch wir. Bevor wir aber in die Stadt einfahren konnten, galt es erst einmal den Militärposten davon zu überzeugen, daß wir alle Genehmigungen hatten. Weil der Posten kein Englisch verstand, war Tari, unser persischer Begleiter ein große Hilfe, sonst konnte ja keiner Farsi, die Sprache der Iraner.

Nudelsuppe und Sandsturm

Wir staunten nicht schlecht, als plötzlich ein Polizeiwagen ankam und sich vor den Bus stellte. Nach einigem Palaver wurden wir von dem Polizeiwagen bis zum Sportstadion eskortiert, in dem wir unser Nachtlager aufschlugen. Auf dem Parkplatz vor dem Stadion bauten wir den Schlafwagen auf und richteten uns ein. Für das Abendessen stellten wir Tische und Stühle vor dem Bus auf. Wir füllten gerade unsere Teller mit Nudelsuppe, als es plötzlich windig wurde. Aus dem lauen und angenehmen Lüftchen wurde ziemlich schnell ein kräftiger Sturm und der Himmel wurde dunkel. Fluchtartig verliesen wir unseren Speiseplatz und suchten Schutz in den Umkleidekabinen des Sportplatzes oder im Bus. Wir hatten gerade noch Zeit, die Planen unseres Schlafanhängers zu schließen und dicht zu machen, als der Sandsturm in voller Stärke über den Ort hereinbrach. Obwohl wir noch rechtzeitig die Türen hinter uns zubrachten, hatte sich in unseren Suppen eine zusätzliche Beilage, Sand. Besonders angenehm, wenn man die Nudeln kaut und dabei meint man hätte Schmirgelpapier im Mund. Naja, der Hunger war aber größer. Der Sturm dauerte nicht länger als 15 Minuten. Kurz darauf war schon wieder der blaue Himmel zu sehen. Gott sei Dank waren die Planen des Schlafwagens so dicht, daß kein Sand in die Kleidung und Betten kam, das wäre sicher nicht lustig gewesen. Der Sandsturm hatte auch etwas gutes, wir alle hatten ein Erlebnis, das man zu Hause spannend erzählen konnte. Da sich der Sturm sehr schnell wieder gelegt hat, war die Nacht recht ruhig und ich schlief ganz ausgezeichnet.