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Große Persien-Rundreise

von 10.05.1996 bis 29.05.1996

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11. Tag: Bam - Geisterstadt in der Wüste

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Kerman - Geschichte und Daten

Kerman liegt auf 1755m Höhe und wurde wahrscheinlich von Ardeshir I. gegründet. Bis zum Jahr 1048 war Kerman der Stammsitz der Buyiden und blieb außer einer Plünderung im Jahr 1187 durch die Turkmenen von Zerstörung verschont. Erst im 18 Jh. begann der Niedergang der Stadt, nachdem Afghanen und die Heere des Nadir Shah marodierend durch die Stadt zogen. Gegen Ende des 18 Jh. wurde die Stadt von Agha Mohammad Khan völlig zerstört, der dabei angeblich etwa 40.000 Einwohner abschlachten, blenden oder versklaven lies. Im 19 Jh. setzte durch die Teppichherstellung ein neuerlicher Aufschwung ein.

Die Nacht im Hotelzimmer war recht angenehm. Ich hatte zwar auch nicht besser geschlafen als in der Koje im Bus, aber allein die morgentliche Dusche war's schon wert. Über Nacht war auch die Wäsche getrocknet und wenn auch ungebügelt und verknittert, so eine frisch gewaschene Hose und Hemd ist doch angenehm.

Ein Kühlschrank ohne Strom

Nach dem Frühstück, gleich in aller Frühe besuchten wir einen antiken Kühlschrank. Kaum zu glauben, aber das Gebäude war tatsächlich ein Kühlschrank, aber ohne Strom, in dem das ganze Jahr Eis gelagert werden konnte und das in der Wüste. Die Menschen zu früher Zeit waren ausgesprochen einfallsreich. Wie erzeugt man Kälte bei bis zu 45° im Schatten und ohne Strom? Ganze einfach, wenn man die Naturgesetze nutzt. Im Winter wurde Eis aus den Bergen geholt und im Turm gelagert. Unterhalb des Turmes liegt ein flaches Wasserbasin. Bekanntlich erzeugt verdunstendes Wasser Kälte und genau den Effekt nutzen die Baumeister. Durch geschickt angelegte Belüftungskanäle wurde Luft über das Wasser geleitet, das dabei so stark abkühlt, daß es ausreichte das Eis über einen langen Zeitraum zu lagern. Faszinierend! Etwas außerhalb der Stadtmitte führen wir zum Steinernen Berg, ein achteckiges Bauwerk das eigentlich Gonbad-e Djabaliyeh heißt. Es ist ganz aus Bruchstein gebaut und setzt sich aus drei Architekturelementen zusammen. Das Alter und die Funktion des Bauwerks kann nicht festgestellt werden. Möglicherweise handelt es sich aber um ein seldjukisches Grabmal, weil es neben einem moslemischen Friedhof liegt. Oder es stammt aus sassanidischer Zeit, weil es nicht nach Mekka ausgerichtet ist und im Volk als zoroastrischer Kuppelbau bezeichnet wird.

Beim Grab des Ordensgründers der Sufi

Wir fuhren weiter nach Mahan, das auf etwa 2.000 m Höhe liegt und im 10 Jh. schon bessere Zeiten gesehen hatte. Wir besuchten das Mausoleum von Shah Nematollah Vali, der hier im Alter von 100 Jahren 1431 gestorben ist. Er war der Begründer des Sufiordens, Sufimeister und berühmter Gelehrter. Das Zentrum der Anlage bildet die blaugrün geflieste Kuppel, die auf einem mit Kufi-Schrift verziertem Ring sitzt. Das Innere des Mausoleums ist mit zarten floralen Wandmalereien aus dem 15. Jh. verziert. Der Hauptunterschied zwischen einer normalen Moschee und denen der Sufis liegt darin, daß die Innenhöfe nicht gepflastert, sondern immer als Garten angelegt sind. In den Gärten ist man durch die umgebenden Bauten von der lärmenden Umgebung abgeschirmt, mitten in der hektischen Stadt herrscht so ein ausgesprochen entspannendes Klima.

Windtürme

Um von dem wunderschönen Innenhöfen ein gutes Photo machen zu können, bin ich eine Treppe in einem der Gebäude nach oben gestiegen. Anstatt aber einen Blick auf die Gärten zu bekommen, sah ich das Gelände rund um die Moschee. Dort entdeckte ich ein paar Windtürme, die typisch für das Land sind. Windtürme oder Badgirs sind die Klimaanlage der alten Zeit. Durch die senkrechten Schlitze im oberen Teil kann der Wind blasen. Der wird durch ein ausgeklügeltes Schachtsystem nach unten geführt, wobei sich die Luft abkühlt. Oft streicht der Wind über ein flaches Wasserbecken, das durch die Verdunstung zusätzliche Kühlung verschafft. Im Prinzip sind Windtürme eine geniale Konstruktion für heiße Gegenden, da sie keinen Strom verbrauchen und wesentlich angenehmeres Raumklima erzeugen als moderne Klimaanlagen.

Das Büro des Obersufi

Auf meinem Weg zurück kam mir ein alter Mann entgegen, der mich sofort freundlich begrüßte. Er war der Vorsteher der Moschee, der Obersufi. Er zeigte mir, ohne daß ich ihn dazu aufforderte, stolz sein Büro, das ich fotographieren sollte. Sein Schreibtisch war höchstens 40 cm hoch und zum Arbeiten saß er auf einem Kissen. Das Bild von Khomeini fehlte genauso wenig wie das Telefon. Aber weil ich zur Gruppe zurück mußte verabschiedete ich mich gleich wieder, obwohl ich mich gerne noch mit ihm unterhalten hätte.

Bam - die Geisterstadt

Ein seltsames Tal

Durch die Randzonen der Wüste ging es auf die Fahrt in Richtung der Grenze nach Pakistan. Bereits kurz hinter Kerman führte die Straße durch ein seltsames Tal. Es wuchs kein Baum, keine Sträucher, ja nicht einmal die übliche Wüstenvegetation war vorhanden. Wohin man auch schaute, man sah nur Sand und Geröll. Reiner, unser Reseleiter hatte die passende Erklärung für die eigenartige Landschaft parat. Es handle sich hier um ein ausgetrocknetes Flußtal, erklärte er, aber das war schwer vorstellbar, denn die Breite des Tales war einfach zu groß um das zu glauben. In der Nähe einer verfallenen Burg, die auf einem Hügel gebaut war, machten wir Halt. Wir stiegen aus und konnten uns davon überzeugen, daß Reiner recht hatte. Tatsächlich war die ganze Gegend durch Wasser ausgespült. Es mußten riesige Wassermengen sein, die hier in der Regenzeit durchströmen. Durch besondere Umstände fliest das Wasser hier nicht in einem Flußbett, wie man das gewohnt ist, sondern verteilt sich über das ganze Tal, in vielen kleinen und kleinsten Bächen, ähnlich dem Delta eines großen Flusses. Zum Schutz vor Unterspülung durch die Wassermengen sind rund um die Telegraphen- und Strommasten aus Felsbrocken Ringmauern gebaut, die etwa 20m Durchmesser und ca. 50 cm Höhe haben. In der Trockenheit die bei unserem Besuch herrschte kann man sich am bizarren Aussehen des Tales erfreuen, wenn es aber heftig regnet ist es durchaus ratsam, sich in höher gelegenes Gebiet zurückzuziehen, da dann alles inklusive der Straße überschwemmt wird. Auf unserem weiteren Weg kamen wir an einigen alten Karawansereien vorbei, die alle auf kleinen Hügeln zum Schutz vor dem Wasser gebaut waren. Im Laufe der Zeit sind die Lehmmauern trotzdem durch den Regen zerfallen.

Hinter den Mauern des alten Bam

Bei der Ankunft an der auf 1.000 m Höhe gelegenen alten Stadt kann man noch nicht viel erkennen. Wir standen vor einer großen Stadtmauer, die uns den Blick auf die Gebäude verwehrte. Nur der Burgfried ist von außerhalb der Mauer zu erkennen, welche die etwa 450 x 550m große Stadt umschließt. Durch das südliche Stadttor, das wie früher als Einlaßkontrolle fungierte, betraten wir die Stadt.

Der erste Blick war atemberaubend. Da war tatsächlich eine komplette Stadt hinter den Mauern, mit allem was dazugehört. Breite und schmale Straßen, Wohnhäuser, Moscheen und so weiter. Die ersten Bauten, Teile der Stadtmauer und des Castells in Bam stammen aus dem 3.-4. Jahrhundert. Der größere Teil wurde unter den Safawiden im 16. und 17. Jahrhundert gebaut. 1794 kam Lotfollah Khan aus der Zand-Dynastie auf der Flucht vor Agha Mohamed Qajar in die Stadt und fand dort eine Zuflucht. Die Bevölkerung mußte schwere Repressalien ertragen und schließlich wurde Lotfollah Khan hingerichtet. Angeblich wollte daraufhin niemand mehr in der alten Stadt wohnen. Das neue Bam beherbergt heute etwas 120.000 Einwohner. Zur Zeit wird versucht, die Stadt zu restaurieren, was aber sicher noch einige Zeit dauern wird, wenn man die große Anzahl der Gebäude bedenkt. Sicher sind auch die Geldmittel nicht im Überfluß vorhanden und so kann man nur hoffen, daß die Arbeiten wenigstens so schnell vorangehen, um das was jetzt vorhanden ist zumindest zu erhalten.
Anmerkung: durch mehrere Erdbeben am 26. Dezember 2003 und im Juli 2004 wurden große Teile der alten Stadt zerstört. Allein bei dem Beben im Dezember kamen nach Angaben der Nachrichtenagentur IRNA fast 30.000 Menschen ums Leben.

Auf dem Weg zur Zittadelle

Auf einer breiten Straße, vorbei am ehemaligen Basar und einer Tekiyeh, einer ummauerten Hofanlage mit Sitznischen entlang der Wände, in der früher die Passionsspiele zu Ehren des Martyriums von Imam Hossein veranstaltet wurden, marschierten wir auf dem Burgfried zu. Hier ist unübersehbar schon viel getan worden. Die durch Regen verwaschenen Mauern wurden wieder mit Lehm verfüllt und man hat den Eindruck, die Bewohner der Stadt sind nur kurz mal wegegangen. Kurz bevor es hiaufgeht zur Burg kommt man an dem meiner Meinung nach am schönsten wiederhergestellten Gebäude der Stadt vorbei. Im ersten Moment konnten wir nicht feststellen, welchem Zweck das Haus in der Mitte des von schön verzierten Fasaden umgebenen Innenhofes hatte. Wir gingen hinunter und begutachteten das vieeckige Gebäude. Aus den aufgestellten Hinweisschildern erfuhren wir den Sinn. Es war der Zugang zu den Stallungen der Zitadelle. In der Mitte des Platzes der von den Ställen eingeschlossen ist, steht ein kleines Gebäude, in dem eine Rampe hinunter führt. Das war die Tränke, in der es angenehm kühl war. Dann ging es weiter, den Hügel hinauf, vorbei an der Windmühle und am Wohnhaus des Kommandanten und dem des Gouverneurs bis zum höchsten Punkt der Stadt. Von dieser Terasse aus hatten wir einen wunderbaren Rundblick über das ganze Tal. Jetzt sahen wir auch die großen Dattelpalmen-, Zitrus- und Orangenwälder, aus denen angeblich die besten Früchte Persiens kommen sollen. Gut zu erkennen war jetzt auch der Verlauf des Flussen, der das Tal bei jeder Flut veränderte. Der beste Beweis dafür ist eine alte Brücke, die zum großteil schon nicht mehr vorhanden war.

Damit war der offizielle Teil der Führung beendet und wir machten uns alleine auf Entdeckungstour. Gut, daß der Turm der Zitadelle von allen Plätzen der Stadt sichtbar war, sonst hätten wir uns in den verwinkelten Gassen der Stadt sicher verlaufen. Die Häuser befinden sind schon in einem arg bedauernswerten Zustand, der durch jeden Regenguß noch verschlimmert wird. Die Häuser wurden allesamt aus Lehmziegel gebaut, die, wenn sie nicht ständig gepflegt werden im Laufe der Zeit durch das Wasser aufgelöst werden. Wir fanden eine zerfallende Moschee und als wir um eine Ecke bogen sahen wir drei Männer die in reiner Handarbeit die Mauern mit Lehm beschmierten. Sie erklärten uns, daß dies die beste Methode sein, die Gebäude wieder aufzubauen. Mit einem Betonmischer hergestellter Lehmschlamm sei nicht so gut zu verarbeiten, meinten sie, sie müßten den Lehm in den Fingern spüren um die richtige Konsistenz zu erreichen. Da haben sie sicher recht, aber auf diese Weise lassen sich auf keinen Fall die Mengen herstellen, die zur Rettung der Stadt benötigt werden. Auf unserem weiteren Weg fanden wir in einigen Häusern alte verfallene Einrichtungsgegenstände und Scherben der ehemaligen Bewohner. Obwohl es sehr heiß war und die Sonne erbarmungslos brannte, war es zwischen den Häusern recht angenehm. Die Leute wußten früher schon wie sie zu bauen hatten.

Blumenoase mitten in der Öde

Nach reichlich Besichtigungszeit und Mittagessen im Lokal gegenüber der Ruinen verliesen wir die Stadt um machten uns auf den Rückweg nach Kerman. Wir hatten etwa zweidrittel des Weges hinter uns, als wir von der Hauptstraße abbogen und nach kurzer Zeit an einem großen Parkplatz hielten. Angeblich sollte hier ein wunderschöner Garten zu besichtigen sein. Was wir sahen war nur Wüste und eine lange, ziemlich unansehliche Mauer. Eigentlich wollte Rainer hier garnicht herfahren, aber wir wollten und waren ersteinmal sehr enttäuscht. Aber jetzt waren wir schon mal da und wollten den Garten auch sehen. Die Überraschung war groß, als wir durch den kleinen Eingang den Shazdeh-garten betraten. Vor uns breitete sich ein wunderschöner Park aus, an dessen anderen Ende ein wenig erhöht ein kleiner Palast lag. Links und rechts eines kleinen Wasserlaufs, der durch Kaskaden und Springbrunnen unterbrochen wurde, blühten alle möglichen Arten von Blumen und wuchsen herrlich grüne Bäume. Es war ein seltsames Gefühl, mitten in der unfreundlichen Wüste eine Oase blühenden Lebens. Nicht nur Pflanzen, auf viele Vögel fanden im Park eine Heimat. Wir schlenderten an dem Bächlein entlang und nahmen auf der Terasse des kleinen Palastes platz. Wir bestellten Tee und genossen den wunderbaren Ausblick. Wo aber kam das Wasser her? Die Lösung war ganz einfach, natürlich aus den Bergen. Aber die konnte man vom Garten aus kaum sehen und wir konnten auch keinen Zulauf zum Garten entdecken. Tatsächlich wird der Garten unterirdisch mit Schmelzwasser aus den schneebedeckten Bergen versorgt. Ein enormer Aufwand, wenn man bedenkt, daß zur Bauzeit noch keine Maschinen zu Verfügung standen. Wer aus der Wüste hierher kam mußte in früher Zeit völlig überwältigt gewesen sein.

Im Basar-e Wakil in Kerman

Zurück in Kerman machten wir Halt am Basar-e Wakil. In dem aus safawidischer Zeit stammenden und zum großteil mit Ziegelgewölben überdachten Basar sind unter vielem anderen ausgesprochen schöne Schmuckläden zu finden. Die Gelegenheit wollten wir nutzen. Im Schaufenster eines der Läden fand ich einige schöne Gegenstände und wir gingen hinein. Ich kaufte einen Anhänger aus Jade, in den die Namen der zwölf Imame eingeritzt sind und noch ein paar andere Mitbringsel. Gabi wollte einen schönen Ring kaufen, aber der Händler hatte keinen in der passenden Größe. Also verliesen wir den Laden und schlenderten weiter durch den Basar. Einige Zeit später tippte uns einer auf die Schulter und als wir uns umdrehten, trauten wir unseren Augen nicht. Es war der Basari von vorhin und er hatte ein paar von den Ringen dabei und meinte, jetzt wäre sicher die richtige Größe darunter. Stimmte, einer paßte nun genau und Gabi kauft den Ring. Erstaunlich, wie geschäftstüchtig die Leute sind, sowas würde einem Verkäufer bei uns nicht im Traum einfallen. Trotzdem wirkte er nicht aufdringlich, ebenso wie die in den anderen Läden, die uns ihre Waren präsentierten und dann aber nicht unfreundlich wurden, wenn wir nichts kauften.

Das Badehaus Gandj Ali Khan-Hammam

An der Südseite des Basars besuchten wir das Badehaus Gandj Ali Khan-Hammam. Es stammt ebenfalls aus der safawidischen Zeit und ist nun als Museum zu besichtigen. In den wunderschönen mmit Kacheln ausgeschmückten Kuppelräumen wurden Badeszenen mit Wachsfiguren nachgestellt. Man kann sich einen guten Eindruck machen, wie es damals zugegangen sein könnte. Besonders schön fand ich einige Fliesen, auf denen Frauen in historischen, den damals üblichen Trachten dargestellt sind. Trotz des Alters haben die Fliesen nichts von ihrer Leuchtkraft und Buntheit verloren. Bei den Restaurierungsarbeiten hatten die Restaurateure enorme Probleme, zum einen die alten Farbtöne wieder originalgetreu nachzubilden, zum anderen die Haltbarkeit der Fliesen so gut hinzubekommen.

Im Teehaus

Zum Abschluß des Tages genehmigten wir uns eine Tasse Tee in einem traditionellen Teehaus. Eigentlich war es früher einmal der Kaltbereich eines Bades, das sich wegen der schönen Wandverzierungen aber als Teehaus bestens eignet.Daneben, im Warmbereich des ehemaligen Bades war ein Restaurant untergebracht. Der servierte Tee war extrem heiß und einer der anwesenden Gäste machte uns vor was man dagegen tun kann. Man nehme die Untertasse in die eine Hand und das Teeglas am obersten Rand in die andere. Dann schüttet man den Tee in die Untertasse und schlürft ihn genüsslich daraus. Ganz einfach ...